Kein Satz der politischen Philosophie ist nach der Auffassung Hannah Arendts unzutreffender als „Alle Macht kommt aus den Gewehrläufen“. Denn Macht, für die Autorin der Grundbegriff des Politischen überhaupt, erwächst als Er-Mächtgung immer aus der Zustimmung der frei handelnden Angehörigen des politischen Systems. Macht ist das deswegen das lebendige Fluidum des Politischen, derer man sich aber niemals sicher sein kann, weil die Er-Mächtigung jeden Tag durch das freie Handeln der Menschen erneuert werden muss.
Gewalt gehört dagegen nicht mehr in den Bereich des freien Handelns, im Gegenteil: der Einsatz der werkzeughaften Gewalt betrifft den Menschen nur als Angehörigen der Ding-Welt. Mit anderen Worten: wer im politischen Bereich Gewalt anwenden muss, hat seine Macht bereits verloren. Totalitäre Regimes oder Diktaturen beruhen also nicht auf Macht sondern auf Eliminierung der einvernehmlichen Er-Mächtigung durch den Einsatz der Gewalt. Von daher erwächst aus den Mündungen der Gewehren selbstverständlich auch keine Macht sondern immer nur neue Gewalt, die sich aber nur so lange halten kann, bis ihr eine noch größere Gewalt entgegentritt (Bürgerkrieg) . Oder das System implodiert, wenn die Drohung des Gewalteinsatzes verschwindet. Die Auflösung des Ostblocks lässt grüßen.
Das sind, in wenigen Worten zusammengefasst, die klassischen Bestimmungen von Macht und Gewalt als Eckpunkte des Politischen, die mit den Kategorien aus Arendts „Vita Activa“ oder „Über die Revolution“ aus Engste korrespondieren. Sie heben sich wohltuend ab von den Begriffsverwirrungen linker und rechter Verdummer und machen den Kopf frei für ein wirklich freiheitliches Verständnis der politischen und geschichtlichen Wirklichkeit. Meine Meinung: Eine Pflichtlektüre für jeden sozialwissenschaftlich Interessierten schon im ersten Semester.