Elliot: Das geteilte Europa 1559-1598

Elliot Das geteilte Eruopa 1558-1598Es gibt keinen größeren und phantastischeren Roman als die Geschichte, hat Jakob Burckhardt behauptet, und kaum ein historisches Werk ist mehr dazu geeignet, dieses Wort zu bestätigen, als das vorliegende Buch Das geteilte Europa 1559-1598″ des britischen Historikers J. H. Elliot. Tatsächlich ist die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts die bis heute nicht hinreichend gewürdigte Achsenzeit der europäischen Geschichte, eine Epoche der Teilung, in der aber auch schon die Synthesen der späteren Jahrhunderte in ihren ersten Ansätzen zum Vorschein kamen. Geteilt war Europa damals gleich dreifach: zunächst in die Konfessionen, die katholische auf der einen, die protestantischen auf der anderen Seite, sodann in die Stände, die ihren Platz in einem sich umgestalteten modernen Staatswesen erst noch finden mussten – und schließlich in die Nationen, die wie die großen Räuber späteren Tage sich anschickten, sich abseits religiöser oder ständischer Präferenzen gegenseitig zu attackieren. Wie turbulent diese Spaltungen durcheinander gingen, mehr noch: wie sehr das nicht deckungsgleiche Durcheinander dieser drei Frontstellungen das Signum der Epoche ausmachte, zeigt Elliot an nahezu allen historischen Ereignissen der Zeit: angefangen von den Hugenottenkriegen in Frankreich, über die Erhebung der Niederlande gegen die spanische Herrschaft, das Drama der schottischen Königin Maria Stuart, die Bartholomäusnacht bis hin zum Krieg der drei Heinriche und dem Endkampf zwischen England und Spanien, der mit dem Untergang der Großen Armada endete. Don Carlos, Maria Stuart, Wilhelm von Oranien, Elisabeth I von England, Maria von Medici und andere betreten und verlassen die Bühne, die meisten von ihnen auf eine unnatürliche, aber alle auf eine unsterbliche Weise. Juan d Austria besiegt die Türken bei Lepanto, der Calvinist Heinrich von Navarra konvertiert zum als erster französischer Bourbonenkönig zum Katholizismus und schenkt seinem gebeutelten Land das erste nationale Toleranzedikt der Weltgeschichte. Schier unendlich scheint die Zahl der Siege und Niederlagen, der Schauplätze und Schicksale, die das packend geschriebene Buch tatsächlich wie ein einziges großes allumfassendes Drama gestaltet. Mit dem Zusammenbruch Frankreichs nach dem Tod Heinrichs II und der damit einsetzenden spanischen Hegemonie hatte das Buch im Jahre 1559 begonnen, mit dem Widererstarken Frankreichs unter Heinrich IV endete auch die spanische Hegemonie. Was für ein passender und dramatischer Abschluss dieses narrativ konkurrenzlosen Werkes, als mit dem Ende dieser spanischen Weltmachtstellung auch der traurige König Philipp II im Jahre 1598 einen einsamen und furchtbaren Tod im Escorial stirbt. England und Frankreich beginnen nun ihren Aufstieg zur Weltmacht, doch die Epoche der Religionskriege sollte sich nur verlagern und schließlich auf dem Schlachtfeld Deutschland im Dreißigjährigen Krieg ihren letzten und schrecklichsten Höhepunkt feiern. Aber das ist wieder ein anderer Band im unendlichen Buch der Weltgeschichte. Wenn sie doch alle so genial und kompetent geschrieben wären wie das vorliegende Buch.Elliot Das geteilte Eruopa 1558-1598

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