Wo liegt eigentlich Zentralasien und welche Gebiete gehören dazu? Mit dieser Frage beginnt G. Hambly, der Herausgeber Buches, seine Einleitung in die Geschichte Zentralasiens. Er versteht unter Zentralasien jenen Großraum, der im Norden durch Sibirien, im Süden durch den die von China bis zum Schwarzen Meer verlaufenden Gebirgsketten und im Osten durch den Pazifik begrenzt wird. Wo Zentralasien im Westen aufhört, ist schwerer zu bestimmen, weil hier die natürlichen Barrieren fehlen. So weit so imposant – aber besitzt dieser Raum auch eine eigene Geschichte? Ja, antwortet der Herausgeber, wenn man nur das Hochland des Iran und das tibetische Hochplateau hinzunimmt. Dann haben wir einen großen Broken Welt zwischen dem 35. bis 55. Breitengrad, dessen Hauptdarsteller über zweitausend Jahre lang sich selbst und ihre Nachbarn in Atem halten. Diese Hauptdarsteller sind die Mongolen und die ihnen verwandten Völker, sodann die Türken im westlichen Zentralasien und die Tibeter als Kulturträger der buddhistischen Mission. Später kommen auch noch die Russen und Chinesen hinzu, die diesen Raum in der frühen Neuzeit erobern.
Das turbulente Miteinander der mongolischen, türkisch-uigurischen, tibetischen, iranischen, chinesischen und russischen Aktivitäten kann in dieser Rezension natürlich auch nicht annähernd angedeutet werden. Soweit ich den Inhalt dieses Band, der äußerlich schmucklos wie ein Alpenschemel einher kommt, allerdings verstanden habe, betrachten die Autoren Zentralasien bis zum Beginn der Neuzeit als einen beständigen Quell der Beunruhigung der umgebenden Kulturräume – der Hunnensturm und die Mongolenreiche lassen grüßen. Mit der beginnenden Neuzeit und der Entstehung der Artillerie in den umgebenen Kuturräumen sowie der buddhistischen Missionierung von Tibet aus, werden die größten Teile von Zentralasien dann ihrerseits zu Objekten der chinesischen und russischen Kolonisierung, bis sie sich in der Gegenwart ( das ist allerdings nicht mehr Gegenstand des Bandes ) wieder teilweise aus der Abhängigkeit lösen. Unterhalb dieser Ebene bieten die neun Autoren in 20 Kapiteln eine schier unübersehbare Vielfalt an Informationen, die in der gewohnten Exaktheit aber auch zähnebrechenden Unredundanz daherkommen. In einem Rutsch kann niemand dieses Buch lesen, aber das ist auch nicht erforderlich. Die 20 Kapitel können je nach Informationsbedürfnis auch einzeln gelesen werden, so habe ich es während meiner Aufenthalte in der Mongolei oder in Tibet auch gehalten. Mein Tipp: auf jeden Fall die Lupe nicht vergessen, denn ohne dieselbe wird man die winzigen Buchstaben des umfangreichen Registers nicht lesen können. Mehr als eine oder maximal zwei Reisen aber überstehen die spartanisch gebundenen Bände leider auch nicht. Aber diesen Nachteil haben sie mit allen anderen Bänden der Reihe gemeinsam. Vom sachlichen Standpunkt aber ist das Buch als Einführung in die transkontinentale Geschichte Zentralasiens empfehlenswert.