Was fangen wir heute an mit all den Ittimardukbalatus, Assurpanibals, Amenophissen und Hammurabis aus der altvorderen Zeit? Wer kann Ur und Uruk, Lagasch und Elam, Ninive und Akkad noch unterscheiden und vor allem – warum sollte man es überhaupt noch versuchen? Wer so fragt, dem ist der Zauber der Alten Welt noch nicht erscheinen, jener Morgenstunde der Weltgeschichte, in der alles zum ersten Mal geschah, die Aussaat, der Städtebau, die Religion, die Töpferei, die Schrift, die Kunst, das Recht und der Staat.
Die Region, in der dies geschah, war der so genannte Vordere Orient, und seine Geschichte von etwa 3000 v. Chr. bis zur Mitte des 2. Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung ist das Thema des vorliegenden Buches. Vier Kapitel beschäftigen sich dabei mit dem Zweistromland, der Kultur der Sumerer, dem ersten Weltreich von Akkad und den Anfängen Babylons unter König Hammurabi. In fünf Kapiteln geht es um das Reich der Pharaonen – angefangen von der Einigung von Ober- und Unterägypten im Alten Reich, über die erste Zwischenzeit bis zum Mittleren Reich. Mit dem Untergang des Mittleren Reiches und der Hyksoszeit endet das Buch um 1600 v. Chr.
Eine imposante Zeit – fürwahr. Aber wie wird sie in dem vorliegenden Buch lebendig? Sieht man einmal von der winzigen Schrift ab, in der die Bücher gedruckt sind, und vergisst man für einen Augenblick die enervierende Instabilität des aufgeschlagenen Taschenbuches, das sofort immer wieder zusammenklappt, wird man sich über Stil und Inhalt nicht beklagen können. Aus dem Dunkel vorgeschichtlicher Räume schälen sich die ersten identifizierbaren Herrschgestalten heraus, Abraham marschiert ins Gelobte Land, Gudea von Lagasch betet für sein Volk, Naramsin schaut zufrieden vom Zikkurat über sein Reich und Mentuhotep III schickt die erste ägyptische Expedition ins Goldland Punt. Aber auch die Sozial- und Kulturgeschichte kommt nicht zu kurz: Handel und Wandel, Baukunst und Literatur, Religion und Zivilisation werden in ihren Ähnlichkeiten und Unterschiedlichkeit an Nil und Euphrat gut nachvollziehbar dargestellt. Leider ist die Bebilderung wie bei allen Bänden der Fischer Weltgeschichte sehr karg, dafür erleichtern Karten, Literaturverzeichnis und Register die Orientierung in diesem kompakten Kompendium zur frühen altorientalischen Geschichte.
Am Ende noch eine Anmerkung: Von den 36 Bänden der Fischer Weltgeschichte widmen sich allein drei der Geschichte des Alten Orients. Ist das nicht zu üppig? Bedenkt man, dass mit diesen drei Bänden immerhin von 3000 bis ca. 500 v. Chr. die Hälfte der Weltgeschichte abgedeckt wird, ist das keineswegs zu viel. Außerdem gab es in den kommenden Jahrtausenden der Weltgeschichte nie wieder so schöne Zungenbrechernamen wie Nuggalema und Naggahami, Schepseskare-Itzi, Neferikare-Kakai und Purzumama.