Zuerst ein Zitat, dass Stil und Perspektive verdeutlicht, mit der die Autorin sich dem Phänomen Maria Theresia nähert. „Ihre Physis, – durch und durch weiblich, die Physis einer Weißhäutig-Blonden, zur Üppigkeit Neigenden wusste besser als alle Ärzte und Hebammen um die eigene Gesundheit, um ihre auf Empfängnisbereitschaft und Fruchtbarkeit gestimmte Vitalität. Dieser Köper, der so kräftig, bewegungsfreudig und elastisch gestaltet war, er war ja wirklich geschaffen, Kinder zu gebären. Er sehnte sich wohl auch seiner weiblichen Bestimmung entgegen und nicht nur der geschlechtlichen Lust, die ihm ebenso Bedürfnis war, er sehnte sich der Schwängerung entgegen, zuerst der sanften, dann der leise anschwellenden Belastung in der Zeit des Tragens, den schwankenden Beschwerlichkeiten, den bittersüßen und freudvollen Zustand der Mutterschaft, zuletzt wohl auch dem Erlebnis der Geburt, dem Ansturm der Leiden, diesem sowohl verzweifelten als auch triumphalen Kampf auf Leben und Tod.“(Seite 60).
Soll man jetzt noch weiterlesen?
Ich meine ja, wenn man in der Lage ist, an einer mütterlich durchsäuerten Geschichtsdarstellung Gefallen zu finden. Immerhin repräsentiert, das Mütterliche in alle seiner Liebe und Strenge für Gertrud Fussenegger geradezu das Grundprinzip der Donaumonarchie. Insofern verhalten sich der biographische Gegenstand, die Zeitumstände wie auch die Methode der Autorin auf eine geradezu ideale Weise kongenial zueinander. Was will man mehr?
Was aber geht ab? Wie eine wachsame und mitunter aggressive Glucke hockt die Kaiserin auf ihren Thronländern und will dem bösen Fuchs Friedrich kein schlesisches Ei herausrücken – muss am Ende aber doch nachgeben, so bitte sie das auch ankommt. Aber immerhin hat sie es auch verstanden, außer Schlesien die Monarchie nicht zur zusammen zu halten sondern auch mit der Hilfe erfahrener Mitarbeiter ( Kaunitz, Haugwitz, Daun und andere) neu zu begründen. Was das Primarschulwesen und die Aufstiegschancen betraf, war Österreich am Ende der Regierungszeit der Kaiserin weiter als die meisten europäischen Staaten. Allerdings irritieren immer wieder Aktionen wie die Ausweisung der Juden aus Prag oder die Hatz der Sittenpolizei auf die leichten Mädchen von Wien. Maria Theresia war halt eine Mutter, und zum Wesen der Mutter gehört neben Fleiß und Beharrlichkeit mitunter auch der Starrsinn.
Es wäre allerdings ungerecht, Gertrud Fusseneggers Buch allein auf diese weibliche Sicht der Weltgeschichte reduzieren zu wollen. Die Biographie ist voller sehr treffender Portraits von Zeitgenossen, gibt einen Überblick über Kunst und Kultur der Epoche und versagt sich auch nicht das reizvolle Vergnügen, nach den möglichen Folgen nicht verwirklichter Geschichtsverläufe zu fragen (Was wäre aus Deutschland geworden, wenn Schlesien bei Österreich geblieben wäre? Oder wenn Österreich sich 1778 mit Bayern hätte vereinigen können?) Lauter Fragen, die auch den eher traditionellen Geschichtsliebhaber interessieren könnten. Mit seiner Stammtafel, einem ausführlichen Register und zahlreichen Abbildungen insgesamt eine zwar sehr eigene aber durchaus gelungene und empfehlenswerte Biographie.