Innerhalb von weniger als einem Jahrhundert erhöht sich die Durchschnittstemperatur des Planeten um 5 bis 7 Grad. Gletscher und Eiskappen schmelzen, und ungeheuere Flutwellen überspülen alle Kontinente. Der Meeresspiegel steigt um fast einhundert Meter, und die gesamte Küstenlinie der Erde erhält ein vollkommen neues Gesicht. Oh Gott, steht uns das bevor? Nein, es ist schon geschehen. Die Rede ist nicht von einem besonders deftigen Klimaszenario des IPPC sondern von einem realgeschichtlichen Klimaereignis, das vor gerade mal 12.000 Jahren über die Erde hereinbrach. Damals gab es allerdings kein FCKW, keine Kohlekraftwerke, keinen Massenverkehr und keinen Co2 Ausstoß. Und trotzdem dieses Desasters? Wie war so etwas möglich?
Reicholfs Antwort ist knapp und lapidar: die Variation der Sonnenprotuperanzen hat das Klima auf der Erde revolutioniert und die etwa einhunderttausend Jahre währende Eiszeit auf der nördlichen Erdhabkugel beendet. Ganz so warm wie vorher, als Nilpferde an Rhein und Themse dösten, wurde es zwar nicht mehr, aber es reichte, um die Bedingungen für die Erfindung des Ackerbaus zu schaffen.
Daran gemessen, nimmt isch unser derzeitiger Klimawandel mehr als bescheiden aus. Zwischen 1850 bis zum Jahre 2000 ist die Durchschnittstemperatur auf der Erde gerade mal um + 0,63 Grad Celsius gestiegen. Damit hat sie noch nicht einmal das mittelalterliche Wärmeoptimum erreicht, doch die maßgeblichen Auguren schlagen Alarm und prophezeien das Ende der Welt womöglich noch vor dem Bezug der eigenen Rente.
Und da verkündet plötzlich dieser Autor, der weder ein Naturverächter, noch ein Büttel des Großkapitals, der Großchemie oder der US-Regierung ist, dass es so etwas wie ein stabiles Klima auf unserer Erde überhaupt noch nie gegeben hat. Bohrkern- und Pollenanalyse, Sonnenfleckenhäufigkeiten, die Interpretation der Vogel- und Pflanzenverteilungen in den verschiedensten Regionen und viele Daten mehr ergeben immer wieder das gleiche Bild: das Klima variiert – und das ganz unabhängig vom Co2 Ausstoß des umweltverschmutzenden homo sapiens.
Das ist die eine, für die politische Correctness fast anstößige Message des Buches. Aber fast noch interessanter ist der historische Streifzug durch die weiten Fluren der Weltgeschichte, den der Autor mit den Befunden der Klimaforschung im Rücken unternimmt Dazu einige Kostporben: Die Germanen wandern nach Süden und überrennen das römische Reich? Sie sind auf der Flucht vor einer Klimaabkühlung in ihrer skandinavischer Heimat, wie man sie an der grönländischen Bohrkernanalyse nachweisen kann. Die Wikinger finden landwirtschaftlich nutzbare Flächen in Grönland (Grünland) und Labrador (Vinland)? Aber nur, weil es damals kurz vor dem hochmittelalterlichen Klimaoptimum viel wärmer war als heute. Die Blüte des Hochmittelalters, Rodung, Ausweitung der Anbauflächen, Bau der Kathedralen? Auch eine Folge der Erwärmung Europas, die allerdings gleichzeitig im vorderasiatischen Raum zur Wüstenbildung und tief greifenden Schwächung des Islam führte. Die frühe Neuzeit? Eine „kleine Eiszeit“, die sich vom 14. bis zum 18. Jahrhundert erstreckte. In diesem Zusammenhang: auch die große Pest war klimabeeinflusst, da sich die infizierten Ratten näher und näher an die warmen Behausungen der Menschen herantrauten.
So weit so interessant. Aber wie verhält es sich denn nun wirklich mit dem Klimawandel unserer Tage, mag sich mancher Leser fragen. Natürlich bestreitet der Autor nicht, dass die europäischen Sommer seit den Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts signifikant wärmer waren als der Durchschnitt, und dass vor allem der „Jahrtausendsommer 2003″ fast alle Rekorde brach. Aber seine Erklärungsansätze vermeiden jede Panik. Möglich, dass wir wieder am Beginn einer neuen Warmzeit stehen und dass wir zu jenen Klimaverhältnissen des Mittelalters zurückkehren, in denen in ganz Bayern der Wein gedieh und während der die Alpengletscher fast gänzlich abgeschmolzen waren. Möglich aber auch (das hat es in der Klimageschichte schon oft gegeben) dass wir einfach eine Reihe untypischer Jahre erleben und dass sich die Verhältnisse langsam wieder einpendeln werden.
Und selbst wenn wir am Beginn einer neuen Warmzeit stehen, fragt der Autor: was soll denn daran so katastrophal sein? Reichholf wird nicht müde zu erläutern, dass es im Wechsel der planetarischen Klimaepochen kein besser“ oder schlechter“ sondern nur Anpassungsprozesse gibt, bei denen die Welt nicht untergehen wird. Wenn man an unsere Bäume denkt, die Temperaturunterschiede von minus 20 bis plus 40 Grad aushalten müssen, so der Autor, dann kommen einem die 0,63 Grad Erwärmung innerhalb der letzten 100 Jahre tatsächlich nicht ganz so beunruhigend vor.
Aber handelt es sich bei dem vorliegenden Buch nicht doch um ein gefährliches Buch, ein Buch, dass allen Umweltverschmutzern und Klimasündern Argumente frei Haus liefert? Ist es nicht geradezu unanständig, nachzuweisen, dass die Tierbestände nicht etwa schwinden sondern teiweise sogar zunehmen ( die Elefanten von Botswana lassen grüßen )? Nein, sagt der Autor mit Recht, denn die Panikmache der Umweltschützer, den „Nutznießer der Klimahysterie“ im Hinblick auf Forschungsgelder, moralische Erhabenheit und politischem Einfluss, schadet langfristig nur ihrer an sich guten Sache. Die ganze haarsträubende Emissionspolitik, die Steuerabzocke, das hochsubventionierte Umweltenergiegeschäft entzieht der Gesellschaft Ressourcen, die an anderer Stelle (Armutsbekämpfung, Alphabetisierung, Seuchenprohylaxe u.a. ) mehr als dringend benötigt würden.
Soweit die Darlegungen und Wertungen dieses ungemein lesenswerten Buches in aller Kürze. Aber wie geht es weiter? Werden wir nach diesem Buch und seinen überzeugenden Befunden nun ein Umdenken in der Klimapolitik erleben? Werden die Co2 Hysterie und die allgemeine Volksverdummung, die schon bis in die Schulbücher gedrungen ist, nachlassen? Ich glaube: nein. Denn dafür gibt es einfach zu viele Nutznießer der Klimaangst, und so erstaunt es nicht, dass anstellte eines kostenlosen Exemplars dieses imponierenden Werkes für jede Schulbücherei unser Bundesumweltminister lieber das Ökoschmus-Mowie von Al Gore flächendeckend und kostenlos über die Bildungsanstalten der Bundesrepublik hat regnen lassen.