Patrick Bateman, der 27jährige Börsen-Yuppie, Angestellter der Brokerfirma Pierce und Pierce, ist schön ist wie die Sünde, ein Homunkuli der Warenwelt, kultiviert und reich, sportlich und gebildet, eine Erscheinung, die „etwas sanftes“ ausstrahlt, ein kalter Engel, der durch die Toplokale von Manhattan wandelt, doch in Wahrheit ist er ein Monster. „Ich fühle mich tödlich, am Rande der Raserei. Mein nächtlicher Blutdurst, sickert in meine Tage durch, und ich muss die Stadt verlassen,“ heißt es auf S. 387, als der entsetzte Leser schon eine ganze Reihe von bis ins Detail geschilderten Gemetzeln hat überstehen müssen. Pat Bateman ist ein soziopathischer Serienkiller, eingespannt in die Glitzerwelt der New Yorker Disko und Restaurants, Bistros und Parties und doch gequält von einem inneren Teufel, das, je weiter die Handlung des Romans, voranschreitet, immer mehr von Bateman Besitz ergreift. „Nichts verschaffte mir Erleichterung. Bald wurde alles schal: noch ein Sonnenaufgang, Heldenleben, große Liebe, Krieg, Entdeckungen,“ resümiert der Ich-Erzähler Bateman auf S. 391.“In mir war kein klares Gefühl außer Gier und vielleicht noch grenzenloser Abscheu. Ich hatte alles Kennzeichen eines menschlichen Wesens – Fleisch, Blut, Haut, Haare – aber meine Entmenschlichung war so gravierend, reihte so tief, dass die Fähigkeit zur Anteilnahme abgetötet, einem schleichenden zielstrebigen Verfall zum Opfer gefallen war.“ In immer kürzeren Abständen überfallen Bateman Übelkeit, Würgen, Atembeschwerden und eine rasende Gier nach Blut und Mord, die er abseits seiner täglichen Existenz im Halbdunkel der New Yorker Banker- und Prostituiertenszene auf eine entsetzliche Weise befriedigt. In dieser Welt gibt es, vielleicht mit Ausnahme der ehemaligen Freundin Bethany, keine einzige sympathische Gestalt, ist alles zynisch oder äußerlich, entweder ist es Markenware oder Trash, aber auf jeden Fall ist es autasuschbar, käuflich und ohne eigenen Wert. „American Psycho“ ist ein Roman, bei dem die Personen nicht durch Aussehen oder Werdegänge sondern konsequent durch ihre Marken-Jackets, -Mäntel, ihre Marken-Armbanduhren, -Hemden, -Schuhe oder -Krawatten, beschrieben werden. Während Bateman vordergründig mit seinen ebenfalls oberflächlich gestrickten Freunden VanPatten und McDermott ein wüstes Single Leben lebt und seine Freundin Evelyn mit seiner Geliebten Courtney betrügt, hinterlässt er eine Spur des Grauens in den Straßen und Apartments von New York. Dass der Autor seine Leser an diesen Schlächtereien mit einer Detailverliebtheit sondergleichen teilhaben lässt, die schwer erträglich ist, befremdet über alle Maßen. Noch nie in meinem Leben habe ich derartig widerwärtige akribische Detailbeschreibungen von Morden gelesen, lauter Seiten, die man zuklappen möchte und bei denen dem Leser vor der Phantasie des Autors das Grauen packt. Doch der Autor ist nicht nur ein gnadenloser Rechercheur menschlicher Abgründe sondern auch ein literarisch und stilistisch brillanter Analytiker der Warenwelt, der bis in die Tiefkühltruhe kalter Chronograph einer Welt ohne Werte, Freundschaft und Gefühle. Es ist die pure Hölle, die Bret Easton Ellis vor den Augen des Lesers entstehen läßt, amoralisch, unlarmoyant, grausam bis zur Unerträglichkeit. Und das Schreckliche: am Ende des packend geschriebenen und auf keiner einzigen Seite langweiligen Buches hat man das Gefühl, dem Wesen der Moderne ins Auge geschaut zu haben, in das Unterfutter einer Welt ohne Gott. Auch wenn es sich merkwürdig anhört: nach der Lektüre dieses Buches habe ich eine Kerze in der Kirche angezündet. Große, aufwühlende Literatur, aber nur etwas für Leute mit starken Nerven.