Der deutsch-französische Krieg von 1870/71 erscheint im Rückblick und im Vergleich zu den beiden Weltkriegen wie ein Klacks. Von wegen, meint Klausjürgen Bremm, der Autor des vorliegenden Buches. Denn er der Sieg über Frankreich, war alles andere als ein Spaziergang, auch wenn schon die ersten Waffengänge und die Schlacht von Sedan die deutsche Überlegenheit bewiesen. Allein in den ersten drei Monaten des Krieges bis zur Abdankung Napoleons III. zählte die deutsche Armee 80.000 Gefallene und 150.000 Verletzte. Auch wenn der Aufmarsch der deutschen Armeen wie ein Uhrwerk funktionierte, waren die Nachschublinien so angespannt, dass die neue republikanischen Regierung, die den Krieg fortsetzte, und drei neue Armeen aushob, keineswegs chancenlos war. Jederzeit war mit einem Eingreifen der europäischen Mächte, namentlich Englands, zu rechnen, was die Deutschen um die Früchte ihrer bisherigen Erfolge gebracht hätte. Abe trotz der Tapferkeit der französischer Verbände scheiterten die meisten französischen Entlastungsangriffe an der Inkompetenz der französischen Führung. Straßburg, Metz und Orleans fallen, während die Kriegsführung immer irregulärer wird. „Die rückwärtigen Verbindungen der Deutschen bedrohte ein internationales Freiwilligenkorps von anfangs 6000 Kämpfern unter dem Kommando des legendären, aber schon greisenhaften Italieners Giuseppe Garibaldi. Die Truppe des vormaligen geschworenen Gegners des Zweiten Kaiserreiches operierte von der Stadt Autun aus und war in Wahrheit ein wild zusammengewürfeltes, pittoreskes Sammelsurium abenteuerlicher Existenzen aus allen Winkeln Europas. Das einzige verbindende Merkmal bildeten ihre sozialrevolutionäre Weltanschauung und ihr glühender Hass auf Monarchie und Kirche.“ Im offenen Kampf gegen reguläre Truppen hatten Garibaldis Gefolgsleute allerdings keine Chance. Am Ende aber setzen sich überall die Deutschen durch. Die Niederlage der Ostarmee und die Flucht von 87.000 französischen Soldaten über die Schweizer Grenze war einem „zweiten Sedan“ (Bremm) vergleichbar und führte zu Kapitulationsverhandlungen.
Um überhaupt mit einer französischen Delegation verhandeln zu können, die für das ganze Volk sprechen kann, lassen die Deutschen landesweite Wahlen zu, aus denen im Februar 1871 die Monarchisten als klare Sieger vorgeben. Eine neu installierte republikanische Regierung unter der Führung von Adolphe Thiers unterzeichnet am 26. Februar 1871 einen Primarfrieden, der die Zahlung einer gigantischen Kriegsentschädigung und die Abtretung von Elsaß-Lothringen vorsieht. Diese Abtretung war aus deutscher Sicht eine Wiedergutmachung eins jahrhundertelangen Unrechts aber wahr ist auch, dass die Mehrheit der Elsässer gar nicht zurück ins Reich wollte. „Von den rund 1,6 Millionen betroffenen Bewohnern lehnten die meisten ihre neue Nationalität vehement ab, was sich schon an der überdurchschnittlich regen Beteiligung an den Nationalwahlen vom 8. Februar gezeigt hatte, Rund ein Viertel von ihnen wanderte in den folgenden Jahren – wenn auch nicht auf Dauer – nach Frankreich aus“.
Derweil radikalisiert sich die Lage in Paris. Während die deutschen Fürsten im Schloss von Versailles am im Januar 1871 das deutsche Kaiserreich ausrufen, gewinnt die Linke im belagerten Paris immer mehr Zulauf. Sie lehnt die Friedensverhandlungen strikt ab und bewaffnet eine Miliz von 200.000 Mann. Am 18. März nach heftigen Barrikadenkämpfen kommt es zur Gründung der Pariser Kommune, die sich an die Völker Europas wendet und die Weltrevolution ausruft. Nach zwei Monaten Mord, Totschlag und Plünderungen schlagen die Truppen der republikanischen Regierung den Aufstand der Kommune im Mai 1871 nieder.
Am Ende des Buches versucht der Autor ein Resümee. Frankreich war unter Wert geschlagen worden. Der Sieg der Deutschen gegen die neu entstandene dritte Republik war wegen der besseren Artillerie und der effektiveren Führung verdient, aber glücklich. Im Hinblick auf die Bedeutung des deutsch-französischen Krieges als Voraussetzung für den Ersten Weltkrieg ist der Autor vorsichtig, weil es Bismarck nach der Reichsgründung zum allgemeinen Erstaunen gelang, das siegreiche und erstarkte Deutschland in das Konzert der europäischen Mächte erfolgreich einzufügen. Erst nach Bismarcks Rücktritt 1890, als die nationalistischen Kräfte, die ihm immer fremd gewesen waren, tonangebend wurden, kam es zur verhängnisvollen Einkreisung des Reiches, wobei es sich aber fragt, ob unter den Bedingungen der damaligen Machtverhältnisse diese Einkreisung überhaupt zu verhindern gewesen wäre. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.