Courtois u.a.: Das Schwarzbuch des Kommunismus

Cortois. KommunimusFast einhundert Jahre hat es gedauert bis dem kommunistischen Totalitarismus endlich seine Maske vom Gesicht gerissen werden konnte. Nachdem er große Teile der Welt barbarisierte und verwüstete und unzählige Völker in ihrer Substanz verkrüppelt zurückgelassen hat, befreiten sich die Menschen in der friedlichen Revolution von 1989/1990 von diesem schrecklichsten Spuk der Weltgeschichte. Und was es nun zu sehen gab, als die Gefängnisse und Archive geöffnet, die Leichen ausgegraben und die Akten studiert wurden, war niederschmetternd: über die ganze Welt und das ganze Jahrhundert verteilt sind mehr als einhundert Millionen Menschen dieser Höllenlehre zum Opfer gefallen – davon am meisten in Russland und China, jenen Ländern, die ein gnadenloses Geschick zu Trägern der kommunistischen Weltbefreiungslehre ausersehen hatte.
IMG_7000a (6)Wendet sich nun die Welt mit Grausen von dieser gerade mühsam überstandenen Apokalypse ab? fragt Stephane Courtois in der Einleitung zu dem vorliegenden Buch. Leider nicht, ist die Antwort, die Apologeten des Kommunismus sind noch immer aktiv, sie stricken am „Märchen von der guten Lehre, die nur falsch verwirklichst wurde“ und die nun bald wieder eine neue Chance brauchte. So ist das vorliegende Buch gleich in doppeltem Sinne hochaktuell:
(1) Zunächst trägt es in zahlreichen exzellent recherchierten Artikeln das ganze unfassbare Elend zusammen, das der Kommunismus in seinen verschiedenen Erscheinungsformen in Russland, China, in allen Ländern Osteuropas, in Asien, Afrika und Lateinamerika angerichtet hat. Hier geht es nicht nur um die Millionen Opfer der Stalinistischen Säuberungen, der chinesischen Kulturrevolution oder der kambodschanischen Roten Khmer (obwohl auch das schon schier die Fassungskraft des normalen Menschen sprengt), hier werden auch die scheinbaren „Kleinigkeiten“ erwähnt, etwa die 50.000 aufrechten polnischen Demokraten, die als Mitglieder der polnischen Armia Krajowa nach 1945 auf Nimmerwiedersehen im Gulag verschwanden, oder die Zehntausende ostdeutscher Sozialdemokraten, die in Internierungslagern zu Opfer des kommunistischen Terrors wurden, weil sie sich der rot-roten Zusammenarbeit widersetzten- und vieles, andere mehr.
(2) Ebenso wichtig aber ist eine glasklar Wesensbestimmung des Kommunismus, die das Buch leistet und die in jedes Schulbuch gehört, eine Wesensbestimmung, die im Kern eine Erklärung seiner schier unausrottbaren Attraktivität selbst noch im Schatten unüberschaubarer Leichenberge ist. Was Erhard Neubert in seinem abschließenden Beitrag „Flucht aus der Geschichte“ herausarbeitet ist an Prägnanz kaum zu überbieten und soll deswegen in einem längeren Zitat wiedergegeben werden. Neubert vergleicht Nationalsozialismus und Kommunismus, die beiden Exzessvarianten der politischen Moderne und kommt zu dem Schluss, dass der Nationalsozialismus, so schrecklich effektiv er in seinem Morden auch gewesen ist, intellektuell immer ein Gebilde von erschreckender Dürftigkeit geblieben ist, das keinerlei Faszination auf Gebildete ausüben konnte. „Anders der Kommunismus. Er setzte tiefer an, mobilisierte die unauslöschliche Sehnsucht nach dem Guten, die allen Europäern in die zivilisatorische Wiege gelegt ist. Seine Verführungskraft wurzelte in den Schattenseiten der bürgerlichen Welt, die aufzuhellen schon an sich eine Berechtigung hat. Damit konnte er über die halbe Welt die Macht ergreifen, die Gesellschaften tief greifend verändern. Im Zeichen des antiimperialistischen Kampfes wurde er zum wirklichen europäischen Kulturimperialismus. Seine Flucht aus der Geschichte im Namen des Guten geriet zur Schande Europas und seiner Zivilisation. Kein anderer europäischer Kolonialismus hat derartige Zerstörungen angerichtet und so viele Opfer gekostet. Wohlmeinend könnte zugestanden werden, dass der Weltkommunismus nicht auf seinen Terror und nicht auf seine Millionen Todesopfer reduzierbar ist. Doch wo, muss dann gefragt werden, ist seine Kulturleistung? Was ist sein Beitrag zur Kulturgeschichte der Menschheit, die Bestand haben wird? Hier ist nichts, gar nichts, worauf die Menschheit stolz sein kann.“ (S. 834f. )Cortois. Kommunimus

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