Das Leben hat kein Happyend, das kann man schon daran sehen, dass wir alle sterben müssen. Vielleicht ist das Lesen auch der Versuch, sich dieser Einsicht so lange wie möglich zu entziehen. Was tun, aber wenn in der Literatur das Sterben zum Thema wird? Antwort: weiterlesen und hoffen, dass es einen schon nicht treffen wird. Dass es aber Jedermann treffen kann, auch wenn er die Augen noch so sehr davor verschließt, ist das Thema von Lars Gustafssons Buch „Der Tod des Bienenzüchters“.
Der Lehrer Lars Lennart Vestin lebt als frühpensionierter Lehrer an einem schwedischen See ein ruhiges und zufriedenes Leben als Bienenzüchter. Alles könnte so schön und harmonisch sein, wenn ihn nicht immer schlimmere Schmerzen quälten, Schmerzen, die ihn schließlich dazu veranlassen, sich einer Reihe von medizinischer Untersuchungen zu unterziehen. Die Befunde, die ihm das Krankenhaus kurze Zeit später zusendet, vernichtet er jedoch ungelesen. Vielleicht war es ja nur ein Hexenschuss, vielleicht nur ein Nierenstein, was das schreckliche Ausmaß der Schmerzen erklären würde. Warum sich mit Befunden quälen? Denkt der Bienenzüchter und krümmt sich doch wie ein Wurm in der Erwartung, dass der neu ausbrechende Schmerz ihn entgültig vernichten wird. In diesem düsteren Todesadvent in der der Schmerz ihm eines seiner tückischen Moratorien gönnt, erinnert sich Vestin, wie das bei Todgeweihten so üblich ist, an seine Lieben, seine Ehen und an all die Dinge, die ihm im Lauf der Jahre wichtig waren. Zwischendurch phantasiert er auch ein wenig von Galaxien und Abenteuergeschichten, ohne dass dem Leser unbedingt klar würde, welche Funktion diesen Einschüben im Aufbau des Ganzen zukommen könnte. Sonderlichen Trost erfährt der Bienenzüchter aus diesen Rückblicken allerdings nicht, alles ist irgendwie schief gelaufen, und was er über die Liebe schreibt, könnte auch als Motto über seinem gesamten Leben stehen: ““enn ich darauf zurückblicke, wie ich gehandelt habe, sieht es tatsächlich so aus, als hätte ich die ganze Zeit eine Katastrophe gewollt“(S. 88) Nun aber wächst die Katastrophe in seinem Körper heran, doch er will sie nicht wahrhaben, verschließt die Augen vor allen noch so deutlichen Zeichen und flüchtet sich so gut er kann in die Distanzierungen der Literatur. Der unsägliche Schmerz, der ihn bald wieder in den Nächten quält, erscheint ihm als eine Versicherung der eigenen Lebendigkeit, und inmitten seiner Qual bringt er es fertig, sich über die Intensität seiner Körperlichkeit zu wundern. Doch ab einem bestimmten Punkt ist es zu viel. Der Schmerz überwältigt ihn, wirft ihn zurück auf sein weltloses, zerfallendes Ich, dem am Ende jeder schmerzfreie Augenblick als der Inbegriff des Paradieses erscheint. Auf der letzten Seite des Buches gibt es nur noch ein kurze Notiz, dass ihn ein Krankenwagen abholen wird, dann ist das Buch und in absehbarer Zeit sicher auch das Leben des Protagonisten zu Ende.
Ein intensives, sehr distanziertes und ehrlich geschriebenes Buch, das ohne seine zahlreichen Exkurse noch viel besser hätte sein können. Aber vielleicht sind auch diese Exkurse, die ein wenig befremden, auch nur ein Zeichen dafür, dass der Mensch auf der Flucht vor dem Tod sich in den Alltag stürzt wie in eine warme Badewanne des Nichtwahrhabenwollens.