Hoffmann: Widerstand Staatsstreich Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler

Hoffnman WiderstandJe dicker die Bücher, je weniger werden sie gelesen. Diese Regel schien lange Zeit auch für das vorliegende Tausendseitenwerk zu gelten, und das, obwohl es sich um das unumstrittene Standardwerk über den deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus handelt. Das mag daran liegen, dass der deutsche Widerstand über Jahrzehnte hinweg kaum Beachtung fand, gelten doch die Deutschen dem Mainstream als ewig verbockte und bis zuletzt überzeugte Nazi-Ethnie ( Goldhagens „Hitlers willige Vollstrecker“ lassen grüßen), bei der von ernsthaftem Widerstand gegen das Hitler Regime überhaupt nie die Rede war.
Erst jetzt im Gefolge des beeindruckenden Stauffenberg-Films „Operation Walküre“ beginnt sich die deutsche Medienöffentlichkeit für den deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu interessieren. Und nun zeigt sich image009plötzlich: es war eine Bewegung von Zigtausenden – zersplittert, idealistisch, dilettantisch, heldisch und auf eine tragische Weise gescheitert – und das vorliegende Buch erzählt seine Geschichte.
Auf knapp 700 Textseiten( mit einem über dreihundert Seiten langen Anhang ) werden die Aktionen, Pläne und Taten von Hunderten aktiver Widerständlern christlicher, sozialistischer, kommunistischer oder deutschnationaler Provenienz in der unterschiedlichsten Ausrichtung an dargestellt – ein Mann wie Generalfeldmarschall Rommel wollte nichts mit den Landesverrätern“ der Roten Kapelle zu tun haben, die Geschwister Scholl hätten kein Verständnis für die theorieintenisive Papierproduktion des Kreissauer Kreises gehabt, und die Führer der Bekennenden Kirche wie Martin Niemöller lehnten die hegemonialen Ideen der oppositionellen Offiziere ab, für die es selbstverständlich war, dass es auch nach Hitler eine großdeutsche Vormachtstellung in Europa geben müssen.
Unter all diesen sich vielfach überschneidenden und mitunter auch konkurrierenden Zirkeln aber kam nur eine Verschwörung der Macht und dem Umsturz wirklich nahe – das war die Bewegung des 20. Juli 1944 unter der Führung des Obersten von Stauffenberg. Natürlich waren auch Stauffenbergs Konzeptionen für die Zukunft Deutschlands alles andere als massendemokratisch, was die nachträglichen Vorbehalte gegen sein Gedenken wenigstens teilweise erklären mag. Wir wollen eine neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt“, schrieb von Stauffenberg kurz vor dem Atttentat. „Wir verachten aber die Gleichheitslüge und verbeugen uns vor den naturgegebenen Rängen. Wir wollen ein Volk, das, in der Erde der Heimat verwurzelt, (…) die niederen Triebe des Neides und der Missgunst überwindet. Wir wollen Führende, die aus allen Schichten des Volkes wachsend, verbunden den göttlichen Mächten, durch großen Sinn, Zucht und Opfer den anderen vorangehen.“ ( S. 378)
Stauffenberg wird schnell die Seele des militärischen Widerstandes, der jedoch über Monate hinweg an immer neuen und unglaublichen Zufällen scheitert. Einmal kommt ein Offizier, der mit einer entsicherten Waffe im Berghof Hitler bei einer Besprechung erschießen will, nicht an den Führer heran, ein andermal, verlässt Hitler die Unterredung, ehe die Vorbereitungen für das Attentat abgeschlossen sind, eine in einer Maschine verfrachtete Bombe detonierte nicht, dann verunglückte ein bereits bis ins letzte vorbereiteter Attentäter kurz vor der Tat. Am Ende strebt die vom Autor ungemein spannend entfaltete Widerstandsgeschichte auf den Showdown des 20. Juli 1944 hin, einen Umsturzversuch, von dem der Widerständler von Treschkow mit Recht bemerkte: „Sollte es nicht gelingen, so muss trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass der deutsche Widerstand vor der Welt und der Geschichte den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist gleichgültig.“ Eine bewundernswertes Wort, dem die Tat folgte, für die die Verschwörer nach einigen Anfangserfolgen mit ihrem Leben bezahlten. Traurig, dass ihnen die volle Anerkennung auch über sechzig Jahre nach ihrem Tod noch immer versagt wird.

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