Demokratie, so lernen es die Kinder in der Schule, ist die beste aller Staatsformen, sie garantiert Wohlstand, Freiheit, Gleichheit, soziale Sicherheit, und es kann überhaupt kein edleres Ziel geben, als sie über die ganze Welt zu verbreiten.
Die Wirklichkeit sieht natürlich ganz anders aus. Abgesehen davon, dass misslungene und gelungene Varianten von echten und Pseudo-Demokratien oft kaum unterscheidbar sind, ist die wirkliche, die voll entwickelte westliche Verfassungsdemokratie eine Minoritätenerscheinung auf der Bühne der politischen Ordnungen geblieben in den Worten Peter Graf Kielmannseggs: die Demokratie ist ein „Experiment2 und zwar ein „Experiment der Freiheit“. Das vorliegende Buch, das genau diesen Titel trägt, macht den experimentellen Charakter der Freiheit innerhalb der demokratischen Ordnung in einer dreifachen Weise deutlich: zunächst ist die Demokratie eine regional begrenzte politische Ordnungsform – außer in Mittel- und Westeuropa und den angelsächsischen Ablegern Großbritanniens hat sie sich nirgendwo wirklich oder dauerhaft durchsetzen können. Sodann ist sie auch in ihrer voll entwickelten Form immer durch andere Ordnungsentwürfe gefährdet, man denke nur an die links- und rechtstotalitären Varianten so genannter Volks- und Führerdemokratien des 20. Jahrhunderts. Schließlich droht die Demokratie, darauf hat ja schon Plato hingewiesen, immer auch an sich selbst zugrunde zu gehen, wenn sie das ihr zugrunde liegende Prinzip der Mehrheitsentscheidung verabsolutiert.
Auch wenn das Buch unzweifelhaft in die Jahre gekommen ist ( es erschien noch vor dem Zusammenbruch des Kommunismus zum ersten Mal im Jahre 1987 ), sind die grundlegenden Betrachtungen des Autors zum Verhältnis von Repräsentation und Partizipation, von Rechtsstaatlichkeit und den legitimitätstheoretischen Grenzen der Mehrheitsentscheidungen noch heute mit Gewinn zu lesen. Nur das letzte Kapitel, das vom Ost-West-Konflikt handelt, ist von der Geschichte überholt – was aber die Grundthese des Buches nicht berührt, denn an die Stelle der kommunistischen Bedrohung sind globalisierte Kulturkonflikte getreten, die die Demokratie möglicherweise im Innern und nach außen noch mehr gefährden als der Marxismus. Die Freiheit bleibt ein Experiment.