Das vorliegende Buch ist die erweiterte Fassung der einer von Guido Knopp betreuten Fernsehreihe über die Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, die mit großem Erfolg im ZDF ausgestrahlt wurde. Lohnt es sich, dieses Buch zu kaufen, wenn man die sieben Folgen bereits gesehen hat. Nein, sagt die FAZ, die alles als peseudowissenschaftliche Volksverdummung verdammt, was Guido Knopp auf die Beine stellt. Ja, wird der unvoreingenommene Leser sagen, denn das vorliegende Buch bietet sieben politisch fokussierte Biographien der maßgeblichen politischen Führungspersönlichkeiten des letzten halben Jahrhunderts und damit auch eine persönlich eingefärbte Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Dabei hüten sich Knopp und seine Mitarbeiter vor jeder hagiographischen oder pejorativen Tendenz, d.h. die Stärken und Schwächen der einzelnen Kanzler werden klar herausgearbeitet. So war das politische Wirken des „Patriarchen“ Adenauer durch ein durchaus instrumentelles und äußerst skeptisches Menschenbild gekennzeichnet, Erhard „der Optimist“ war blauäugig „der Visionär“ Brandt besaß schwerblütige und vergrübelte Züge, bei Helmut Schmidt, dem „Lotsen“ störte bei aller Kompetenz Reizbarkeit und Arroganz und bei Gerd Schröder ist aus der Sicht der Autoren eine gewisse egomanisch-opportunistische Selbstbezogenheit unübersehbar. Nur bei Helmut Kohl fehlen offenbar ausgeprägte Charaktermängel, was in der Sichtweise der kunterbunten Achtziger fast schon wieder als Nachteil gelten musste. Neben diesen Fehlern aber dominierten bei allen Kanzlern, wenngleich in unterschiedlichem Maße, herausragende Eigenschaften wie Verantwortungsgefühl, Durchsetzungskraft, Beharrlichkeit und Lauterkeit (Das Buch endet 2002 lange vor Schröders Engagement bei Gaszprom), die es jedem Kanzler erlaubten, das Staatsschiff vor besonders katastrophalen Einbrüchen zu bewahren. Adenauers historisches Verdienst besteht zweifellos in der Neugründung eines zerschlagenen Staates und der Begründung einer stabilen Westbindung, Erhard ist der Vater des Wirtschaftswunders, was für die Geschichte Deutschlands nach 1945 ausschlaggebend war, ihm aber in seiner eigenen Kanzlerzeit wenig genutzt hat. Brandt muss man die Aussöhnung mit dem Osten zugute halten, und Schmidt hat sich dadurch um Deutschland verdient gemacht, dass er das Gemeinwesen vor den Unwägbarkeiten der internationalen Wirtschaftskrisen, dem Linksterrorismus und den Durchgeknalltheiten seines eigenen linken Parteiflügels bewahrte. An Kohl schätzt Knopp vor allem das beherzte und entschlossene Management der deutschen Einheit, die keineswegs, wie heute gerne behauptet wird, ein „Selbstläufer“ war. Das Kapitel über Schröder nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es nur die erste Kanzlerschaft umfasst. und somit die Wende in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die eigentliche historische Leistung Schröders, ausspart. Alles in allem bietet das Buch ein sehr ausgewogenes, im ganzen mildes Bild, das die langfristigen Schattenseiten der jeweiligen Regierungszeiten allerdings möglicherweise ein wenig unterbelichtet. So erscheint etwa die Preisung der überaus erfolgreichen Kanzlerschaft“ Kiesingers zweifelhaft, gehen doch viele der heutigen Strukturprobleme wie etwa die finanzpolitische Mischverfassung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und das keynesianistisch eingefärbte Stabilisierungspolitik auf die erste Große Koalition zurück. Die unter Helmut Schmid überhand nehmende Staatsverschuldung, die die FDP 1982 zum Bruch mit der sozialliberalen Koalition veranlasste, bleibt ebenso unerwähnt wie die schleichende Sozialdemokratisierung der deutschen Gesellschaft unter Kohls – ganz zu schweigen von den problematischen Grundentscheidungen der rotgrünen Regierung wie Atomausstieg, Ausweitung der Zuwanderung per Staatsbürgerschaftsecht und ein per se innovationsfeindliches Gesetzgebungsgebaren. Trotzdem ist das Buch mit seiner reichhaltigen Bebilderung und seinem ausführlichen Register als eine anschaulich gestaltete Einführung in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit großem Gewinn zu lesen.