Johannes Lottmann schreibt eigentlich immer nur über sich selbst. Normalerweise wird das mit der Zeit langweilig, nicht so bei Lottmann, weil er seinen alter ego Johan Lohmer in all seinen Büchern gleichsam als Seismograph seiner Zeit durch das Leben stolpern lässt. In dem vorliegenden Buch geht es nur um vordergründig um die Therapiesucht des modernen Großstadtmenschen, eigentlich aber um die immer problematischeren Geschlechts- und Generationenverhältnisse und hier insbesondere um die unendliche Geschichte von Mann und Frau. Was sich, so formuliert, so dröge anhört, wie Fußbodenlaminat, kommt bei Lottmann so unterhaltsam und geistreich daher, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Wohlgemerkt, eine Handlung besitzen die Lottmannbücher eigentlich nie, was aber nichts macht, weil man an unzähligen Stellen aufrufen möchte „ja, genau so ist es“, nur eben noch niemals eine so luzide Entschlüsselung des eigenen Sozialgebräus gefunden hat. Im ersten Teil des Buches rennt der Protagonist von einer Therapie zur nächsten um eine rätselhafte Thematik auszuheilen, die darin besteht, dass es ihm beruflich nur gutgeht, wenn er in Liebesdingen Schiffbruch erleidet und umgekehrt. Er selbst vernutet darin eine Art Selbstbeschädigungstendenz, die den Therapeuten wie ein Stöckchen vor die Nase hängt, über das sie gefälligst springen sollen. Schnell lernt Lohmer, dass Therapeuten, gleich welcher Provenienz auch nur mit Wasser kochen, genauso wie ein indischer Guru, in dessen Ashram es Lohmer im zweiten Teil verschlägt. Aber, was immer er auch versucht, das Feld er Liebe, in dem sich alle Probleme entfalten, bleibt verwüstet. Liebe, so Lohmer ist ein Vorgang mit einem inhärenten Verfall, vor allem, wenn sie ungleich verteilt ist. „Kennt nicht jeder Mensch diese Situation, jemanden zu lieben, der dann nicht zurückliebt, aber aus Mitleid bei einem bleibt, woraufhin man ihn zu Recht aus lauter Dankbarkeit noch mehr liebt, woraufhin dieser geliebte Mensch noch mehr schlittenfährt mit einem? Ja, jeder kennt das. Und wir alle haben Legionen von Freunden und Freundinnen, die aus genau solchen Verbindungen nicht mehr herauskommen. Ich muss sagen, dass es mich gereizt hat, diesen Kessel von Stalingrad als erster zu sprengen.” Diese „Sprengung“ aber ruft einen Kampf bis aufs Messer hervor, an deren Ende Hass und Enttäuschung stehen. „Sie entdeckte unbewusst das süße Gift des Sadismus und setzte es als Karrierebeschleuniger ein“ schreibt Lottmann an einem Beispiel, „aber gerade dazu gehörte unabänderlich, dass der Mann dablieb, dass er weiter mitspielte. Verließ er sie, endlich, entstand bei der Frau maßlose Wut. Eine Wut, fast schon Raserei, die in vielen Fällen bis ans Lebensende anhielt und keiner Vernunft zugänglich war. Der Mann hatte sie verlassen und ihr Leben zerstört, basta.” Man sieht, das Buch ist nur in der Fassade heiter, im Hintergrund werden die Umrisse von Tragödien sichtbar, an denen nichts weniger schmerzhaft ist, nur weil sie banal sind. Am Ende ist nichts geklärt und nichts gelöst. Die Therapien haben dem Autor außer ihrem Bildungs- und Unterhaltungswert nichts gebracht. Das ewige Rätsel Mann und Frau bleibt ungelöst. Gottseidank, möchte man sagen, dann dürfen wir auf weitere unterhaltsame Bücher hoffen.