Münkler: Weelt im Umbruch. Marx Wagner Nietzsche

Wirklich Neues über die drei grundlegenden Denker des 19. Jahrhunderts wird man in dem vorliegenden Buch nicht erfahren. Stattdessen bringt Herfried Mükller die drei Geistesriesen in ein kulturgeschichtliches Gespräch, das  so niemals stattgefunden hat, das aber als geistesgeschichtliche Spielerei dem Leser viel Freude bereitet.  Eine vergleichbar fiktive Konversation, eine Art Mittelding zwischen literarische Analyse und Belletristik, hat bereits Helmut Lethen in seinem „Staatsräte“-Buch vorgelegt, in dem er Gründgens, Furtwängler  Schmitt und Sauerbruch zu einer fiktives Plauderrunde vereinte.

Soweit geht Münkler nicht. Die drei sprechen nicht miteinander, aber der Leser erfährt, was sie voneinander hielten und was sie einander bedeuteten und vor allem: was das für uns bedeutet. So entsteht ein literaturkulinarischer Marx-Wagner-Nietzsche Eintopf, der neue Geschmacksnuancen ermöglicht.
Aber was haben Marx, Nietzsche und Wagner, abgesehen von ihrer Berühmtheit gemeinsam? Ihnen gemeinsam ist, dass sie eine „Welt im Umbruch“ in eine fundamentale Richtung verändern wollten. Bei Max in Richtung auf eine klassenlose Gesellschaft, bei Wagner als Wiederbelebung des Mythos, um die entgleitende Moderne zu bändigen und schließlich bei Nietzsche als das Projekt, eine heroische nachchristliche neue Zivilisation des Übermenschen zu erschaffen.

Bekanntermaßen ist keines der Projekte gelungen, wenngleich heute besser beurteilt werden kann, was noch  zukunftsweisend oder inzwischen als antiquiert anzusehen ist. Ohne dass Münkler das ausdrücklich sagt, erscheint Marx als der antiquierteste Denker ( er hatte ja auch den längsten Bart), Nietzsche dagegen als der Geist, dessen Prophetie als absolute Antithese zur Postmoderne aktueller ist denn je ist.

Es kann an dieser Stelle bei weitem nicht die Vielzahl der Verweise und Vergleiche angeführt werden, die das Buch zu einer anregenden Lektüre machen. Über das rein antiquarische Interesse hinaus kann das Buch aber, und darin liegt meiner Ansicht nach sein besonderer Wert, als eine Zeitkritik gelesen werden, was aus zwei Gründen nicht verwundert. Denn alle drei waren Zeitkritiker und die Gegenstände der Kritik sind zum Teil aktueller denn je, wie das folgende Nietzsche Zitat aus dem Zarathustra belegt:
„«Es kommt die Zeit des verächtlichsten Menschen, der sich selber nicht mehr verachten kann. Seht! Ich zeige euch den letzten Menschen. […] Die Erde ist dann klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht. Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am längsten. ‹Wir haben das Glück erfunden› – sagen die letzten Menschen und blinzeln.“

 

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