Das vorliegende Buch beschreibt die Zerstörung der antiken Welt durch das siegreiche Christentum. Im Unterschied zum gängigen Narrativ, nachdem die Überwindung der Antike durch das Christentum ein ethischer und humanitärer Fortschritt gewesen war, betrachtet die Autorin die Epochenwende von Antike zu Mittelalter als einen beispiellosen Kultur- und Niveaueinbruch.
Wie immer man zu dieser These auch stehen mag, das Thema als solches ist zeitlos und aktuell zugleich. Zeitlos, weil die Vernichtung überlegener Zivilisationen durch primitivere Kulturen leider nichts Besonderes darstellt, man denke nur an den Sieg der Aramäer über die Sumerer, der indischen Moslems über das Hindureich von Vijayanagar oder der Mongolen über die chinesische Song-Dynastie. Aktuell ist das Buch, weil wir möglicherweise gerade einen solchen Fall im planetarischen Maßstab erleben: eine in die Jahre gekommene, dekadente westliche Kultur steht in Gestalt des Islams einer vitalen, kämpferischen Religion gegenüber, die dem Westen zwar intellektuell nicht das Wasser reichen kann, ihm aber in moralischer Selbstgewissheit und Kampfbereitschaft turmhoch überlegen ist.
Ungefähr nach diesem Drehbuch vollzog sich nach Meinung der Autorin auch der Untergang der antiken Welt durch den Siegeszug des Christentums. Zuerst begann alles marginal und scheinbar wenig spektakulär. Plinius der Jüngere betrachtet die Christen als „Belastung“, weil der »erbärmliche Kult« des Christentums die Verehrung althergebrachter Götter zurückdränge, was den Zusammenhalt zerstöre. Der Neuplatoniker Kelsos, ein Zeitgenosse von Mark Aurel aus der zweiten Hälfte des 2. Jhdts., ist einer der ersten, der sich mit dem Christentum inhaltlich beschäftigt. Er betrachtet das Christentum als eine völlig verrückte jüdische Häresie und kann über Glaubenssätze wie Himmelfahrt und Jungfrauengeburt nur den Kopf schütteln. Ein anderer Gewährsmann der Autorin ist der antike Satiriker Lukian, ein jüngerer Zeitgenosse des Kelsos, der den Feuertod eines christlichen Heiligen ironisiert. Ganz nebenbei: Soll das ein Argument für das überlegene Niveau der antiken Welt sein? fragt sich der Leser an dieser Stelle. Porphyrios, (233-300) verfasst eine Kampfschrift gegen das Christentum, in der er die christlichen Überlieferung quellenkritisch auseinandernimmt. In dem Kapitel über die Märtyrer spricht die Autorin der christlichen Überlieferung schlichtweg die historische Wahrheit ab. Liest man ihre Darstellung, war alles nur halb so wild mit der Christenhatz, und mehr als ein paar tausend Christen seien bei den Christenverfolgungen nicht umgekommen. So tolerant war das gute alte Rom. Dann aber kam Konstantin und erklärte das Christentum zur Staatsreligion (was sachlich falsch ist). Kaum waren die Christen an der Macht, gebärdeten sie sihc leider nicht so tolerant wie die Römer. Überall im Reich wurden die großen heidnischen Tempel zerstört, und das dabei gewonnene Edelmetall wanderte in die öffentlichen Kassen. Höhepunkt diesek Kulturbarbarei war die Zerstörung des großen Serapeions in Alexandria im Jahre 392. Ab dem Ende des vierten Jahrhunderts dringt der christliche Mob dringt sogar in Privatwohnungen ein, um Heidenskulpturen zu zerstören. Mit der Schließung der platonischen Akademie von Athen ist die antike Welt dann endgültig im Orkus der Geschichte verschwunden, und volle tausend Jahre sollte es dauern, ehe sie in der Renaissance zurückkehrte.
So weit die Katastrophengeschichte eines weltgeschichtlichen Betriebsunfalls, den sich die Autorin nicht erklären kann. Denn die Antwort auf die Frage, wie es zu diesem „Betriebsunfall“ kam, wie es möglich war, dass eine so minderbemittelte Religion wie das Christentum der Antike den Gar aus machte, bleibt die Autorin schuldig. Dabei liegt die Erklärung auf der Hand. Das Christentum ist die Antwort auf eines der inhumansten Defizite der Antike, die man gerne unter den Tisch fallen lässt. „Die Antike stank vor Hass“, schrieb Frank Theis in seinem Klassiker über die griechischen Kaiser. Dieser Hass durchdrang die gesamte antike Lebenswelt wie ein tödliches Gift den Körper – so dass die Kunde von Nächstenliebe und Vergebung den Millionen wie eine Erlösung vorgekommen sein musste.
Am Ende legt man das Buch kopfschüttelnd aus der Hand, weil ein interessantes Thema völlig vergeigt wurde. Alles in allem ein misslungenes, faktenunsicheres Buch, das sich allenfalls zur Relativierung islamistischer Exzesse eignet, weil es darauf hinweist, dass die Frühchristen auch nicht besser waren als Hisbollah und Hamas. Möglicherweise ist diese schnittige zeitgeistkompatible These der einzige Grund, warum das Buche einen relativ renommierten Verlag fand und eine so weite Resonanz erfuhr.