Im Grunde gibt es nur zwei Arten von Veröffentlichungen über Donald Trump. Die erste, weit größere Gruppe verdammt ihn in Bausch und Bogen und spricht seiner Kampagne jedwede Berechtigung ab. Die zweite, die in Deutschland praktisch nicht vorhanden ist, erkennt in ihm eine Führergestalt, die im Interesse des amerikanischen Volkes die Auswüchse der Globalisierung bekämpft.
Daraus folgt, dass der interessierte Leser, der sich ein eigenes Urteil bilden muss, viele Trump-Bücher gleichsam „gegen den Strich“ lesen muss. Dass man dabei durchaus zu Einsichten kommen kann, zeigt die Lektüre des extrem trumpkritischen Buches von Niederberger. Bei dem vorliegenden Buch der Journalisten Pollak und Scheikhart handelt es sich um genau das Gegenteil. So wie bei deutschen Journalisten Trump schlichtweg jedwedes Verdienst in Abrede gestellt wird, so sucht man bei Pollak und Schweikhart kritische Anmerkungen zu seinen politischen Purzelbäumen und Entgleisungen vergeblich. Der Wert des Buches liegt stattdessen in seiner Nähe zum Sachverhalt, denn es beschreibt in üppiger Ausführlichkeit die gesamte Trump Kampagne vom Nominierungswahlkampf bis zur Präsidentenwahl im November 2016.
Das Buch beginnt mit der Nachzeichnung von Trumps Aufstand gegen das republikanische Parteiestablishment. Nach Meinung der Autoren war das dringend erforderlich, weil – genauso wie in fast allen Ländern der westlichen Welt – auch die US-Konservativen unter dem Kuratel der politischen Korrektheit standen. Dass die Republikaner sich trotz erstaunlicher Siege bei den Wahlen zum Senat und zum Abgeordnetenhaus dieser Knute immer wieder beugten, hat sie nach Meinung der Autoren zahnlos werden lassen. Nicht so Trump. Zum Erstaunen der politischen Beobachter schlachtete er eine heilige Kuh des Mainstreams nach der nächsten. Dabei zeigte er etwas, was den meisten Politkern, gleich welcher Couleur, vollkommen abgeht: er zeigte geradezu erstaunliche Nehmerqualitäten gegenüber einer Hetzkampagne, die keine Tabus anerkannte und selbst seine Familie mit einbezog. Das ganze Buch ist voller Belege schreiender Einseitigkeiten durch die sogenannten Qualitätspresse, die aber bei den Massen nicht wirklich verfangen. Dass Trump aber mit fortlaufendem Wahlkampf auch seinerseits kräftig austeilte, gehört allerdings mit ins Bild. Der These der „Bereicherung durch Einwanderung“ stellte er die Kriminalstatistik entgegen. In jedem Staat, in dem er auftrat, holte einen Anwohner auf die Bühne, der einen Angehörigen durch einen Migrantenmord verloren hatte. So etwas wäre bei uns undenkbar, hat Trump aber gerade unter der gesetzestreuen Latinobevölkerung im Süden der USA Zustimmungswerte eingebracht, die weit über den Zahlen anderer republikanischer Kandidaten lagen.
Außerdem war die politische Bilanz der Obama-Regierung nicht dazu angetan, die Wähler zur Wahl einer demokratischen Kandidatin zu motivieren. „Obama hat ein vollkommen untaugliches Modell einer allgemeinen Krankenversicherung (Obamacare) durchgeboxt, das die Öffentlichkeit mehrheitlich ablehnte“, schreiben die Autoren. „Sein Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak war die Geburtshilfe für den IS, während er gleichzeitig Libyen und Syrien destabilisierte. Er unterzeichnete ein gewaltiges Konjunkturprogramm, das einzig die Taschen seiner Anhänger füllte und handelte mit dem Iran ein Atomwaffen-Abkommen aus, welches praktisch garantierte, dass der Schurkenstaat bald über Atomwaffen verfügen würde.“ Noch viel ausschlaggebender war, dass die Obama-Clinton Regierung eine rigorose Freihandelspolitik betrieb, die Millionen Amerikaner den Job kostete. Dass die demokratische Administration diese eigentlich urdemokratische Wählerschaft im Regen stehen ließ und dass Hillary Clinton während des Wahlkampfes diese vorwiegend weiße Wählerschaft als „abscheulichen Auswurf“ bezeichnete, kam hinzu. Kein Wunder, dass die Wahlbeteiligung der Weißen in die Höhe schoss, während die Wahlbeteiligung der Minderheiten sank oder gleichblieb.. Die demokratische Obama-Koalition (praktisch 100 % der Minderheiten und ein Drittel der Weißen) reichte plötzlich nicht mehr zum Sieg. Was blieb, war eine „eine dünne Koalition, bestehend aus der gebildeten Oberschicht und den Minderheiten, zusammengehalten von Spendengeldern der Wall Street, einer machthungrigen IT-Industrie und der aus Hollywood und den Mainstreammedien bestehenden Kulturpolizei“ urteilen die Autoren.
Das klingt hart und ungerecht, vor allem, weil Clinton ja trotz allem das „popular vote“ gewann, d. h. landesweit mehr Stimmen als Trump erhielt. Ja, sagen die Autoren, aber nur weil in den Staaten der Westküste, die fest in demokratischer Hand waren, illegale Einwanderer zur Wahl zugelassen wurden.
Am Ende nutzte alle nichts. Trumps Wahlsieg war deutlich und gigantisch die Enttäuschung bei den Demokraten. Nach einem schmallippigen Glückwunsch an den Sieger beteiligte sich Clinton an den Wahlnachzählungskampagnen, die am Ergebnis aber nichts mehr änderten. Im ganzen Land randalierte die Linke in ohnmächtiger Wut, begleitet von den Jammergesängen und Untergangsszenarien des Mainstreams. Plötzlich war eine Wahl ganz anders ausgegangen, als es sich die Meinungsführer vorgestellt hatten, und es war niemand da, der befehlen konnte, sie „rückgängig“ zu machen.
Ich habe dieses Buch mit großen Interesse und Gewinn gelesen. Nicht, weil ich die Thesen der Autoren uneingeschränkt teile, sondern als Kontrastprogramm zum allgemeinen Trump-Bashing unserer journalistischen Welterklärer. Wie gut oder schlecht sich die Präsidentschaft Trumps im Nachherein ausnehmen wird, wird die Geschichte erweisen. Eines ist aber stimmt schon jetzt hoffnungsvoll: das Volk, „der große Lümmel“ hat das letzte Wort, auch und gerade, wenn es durch den Mainstream zum Abschaum erklärt wird.