Das Polizeimusem von Pretoria befindet sich in der Nähe des Church Squares. Es war viel kleiner, als die meisten Museen, die die ich bislang abgearbeitet hatte, aber wesentlich besser besucht. Vorwiegend schwarzafrikanische Jugendliche und junge Paare defilierten durch das Museum wie durch eine Geisterbahn, um sich über die kriminellen Abartigkeiten der menschlichen Natur wohlig zu gruseln. Wie es sich für ein richtiges Museum gehörte, folgte die Darbietung der Exponate einem durchdachten museumspädagogischen Konzept – und zwar dem der größtmöglichen Anschaulichkeit. Der Besucher wandelte gleichsam mit den Augen eines Kriminalkommissars durch schummrig beleuchtete Räumlichkeiten und durchmusterte die mit viel Liebe zum Detail nachgestellten Tatortszenen. Erschossene, erstochene, erschlagene, gevierteilte oder zerquetschte Opfer lagen in kleinen Puppenstuben in ihrem Blute. Gleich nebenan sah man einen Schraubenschlüssel aus schwerem Eisen, an dem noch einige Haare des Opfers klebten, sodann eine Originaltonne, in der ein Finsterling sein wehrloses Opfer verbrannt hatte und einen Originalstein, der in einem Originalschädel ein Originalloch verursacht hatte. Es folgte eine Fotogalerie von Tatwaffen, nach deren Durchmusterung die Einsicht blieb, dass es schier keinen Gegenstand zu geben scheint, mit dem man einen Mitmenschen nicht auf einfallsreiche Weise vom Leben zum Tod befördern konnte. Auch die „Stars“ dieser makabren Ausstellung kamen nicht zu kurz. Da schwang der ,,Panga- Man“ als lebensgroße Gipsfigur gerade in dem Augenblick seine fürchterliche Machete, als er ein Liebespaar beim Schäferstündchen überraschte, und der ,,Muti-Man“, von der vermeintlichen Heilwirkung frischen Menschenfleisches überzeugt, zersägte seine soeben erst gemeuchelten Opfer.
Erheblich langweiliger waren die Portraitbilder bedeutender südafrikanischer Polizeikommissare, die hinter Glas an den Wänden hingen. Ihre Züge chargierten vom Knallharten ins Leichenbittere, denn man mochte sich gar nicht vorstellen, was diese treuen Diener des Apartheidsstaates alles schon hatten sehen müssen. Vielleicht aber würde sich ihr bekümmerter Gesichtsausdruck ins Überraschte gewendet haben, wenn sie einen Blick in die neueren Abteilungen des Polizeimuseums hätten werfen können. In einem besonderen, gleich neben dem Eingang nach dem Ende der Apartheid eröffneten Saal unterrichteten Texte, Bilder und Karten über den Tod des schwarzen Widerstandskämpfers Steven Biko im Gewahrsam der Polizei, über die Schüsse der Sicherheitskräfte auf die Kinder von Sharpeville, den sehr ausgedehnten Aufenthalt Nelson Mandelas in Robben Island und die Polizeieinsätze in Soweto. Wieder konnte man über die Tüchtigkeit der Polizei nur staunen, diesmal aber war es die Tüchtigkeit der Polizei als Täter.