Das vorliegende Buch ist das, was man immer schon gesucht hatte: ein lückenloses Kompendium der Entdeckungsgeschichte, das alle Aspekte dieses globalen Vorgangs umgreift und keine Fragen mehr offenlässt. Dieses Werk, im Grunde eine Weltgeschichte der letzten 600 Jahre auf der Perspektive der europäischen Expansion, ist ein Sachbuch der Sonderklasse, ein Muss für jede halbwegs gut bestückte Geschichtsbibliothek. In seinen Grundzügen lag es bereits als ein vierbeiniges Standardwerk vor, nun hat der Autor, Professor der Geschichte in XX, nach seiner Emeritierung das ganze Werk noch einmal überarbeitet und zu einem voluminösen anderthalbtausend Seitenbuch zusammengefasst und aktualisiert. So wie es vor dem Leser liegt, repräsentiert es niccht mehr und nicht weniger als die Geschichte der Inbesitznahme der Welt durch den europäischen Menschen über einen zeitraum von 600 Jahren.
Die Darstellung setzt schon in der Antike ein, bei der Entdeckung der Monsunwinde und des ptolemäischen Seehandles mit Indien, setzt sich fort über die abenteuerlichen Reisen des Mittelalters, bis hin zu den neuzeitlichen Entdeckungsreisen, die mit Innovationen der Nautik, der Geodätik, der Schiffsbaukunst und der Astronomie begannen. Vasco da Gama, Kolumbus, Cortez, Pizarro und Cook, aber auch Varthema, Valdivia, Benalcazar und viele andere Entdecker aus der zweiten, dritten und vierten Reihe erhalten ihren Auftritt auf der packenden Bühne der planetarischen Entdeckungsgeschichte. Ergänzt wird der narrative Zugang des Buches durch eine Vielzahl statistischer Daten, die ich in dieser Komprimierung und Klarheit noch nirgendwo gelesen habe. Wer wusste schon, dass von den 12,5 Millionen schwarzafrikanischer Sklaven 45 % nach Brasilien und nur 4 % in die die Neu-England Staaten gingen, wer kannte den Begriff der karibischen „ Zuckerrevolution“ und seine quantitativen Implikationen auf der Insel Barbados? Wo immer man das Buch auch aufschlägt, bei den Entdeckungsreisen der Wikinger, der Missionare oder der Konquistadoren, in Australien, Java, Südafrika oder Zentralasien, immer taucht der Autor mühelos in die Tiefen der Sachverhalte ein und weiß sie dem Leser klar und übersichtlich zu erschließen. Aber nicht genug damit. Der Autor ist nicht nur in der narrativen Froschperspektive sondern auch in der Strukturgeschichte zuhause. Überall, wo es sich anbietet, erörtert der Autor auch Grundfragen der Weltgeschichte – etwa die Frage, ob der Profit des Zuckerhandels und des „Asientos“ England die primäre Kapitalakkumulation zur Finanzierung der industriellen Revolution ermöglichte – und wie s kam, dass gerade die Edelmetallzuflüsse den Niedergang Spaniens einleiteten? Ich könnte jede Menge weiterer Beispiele anführen und würde der Breite des vorliegenden anderthalbtausendseiten Werkes trotzdem nicht annähernd gerecht. Deswegen kurz und bündig: Für den, der sich wirklich auf einer sehr detaillierten Ebene für die Epoche der Entdeckungen interessiert, gibt es schlicht nichts Besseres. ,.