Russel: Mahler (Filmbiografie)

Seit seinem frühen Tod umgibt den deutschen Musiker Gustav Mahler eine mythische Aura. Seine neuneinhalb Sinfonien und seine Liederzyklen gehören zum Kernbestand der Weltmusik, und seit der Popularisierung der Mahler Musik durch Viscontis „Tod in Venedig“ ist sogar das breite Publikum auf ihn    aufmerksam geworden.

Wie nähert man sich einer solchen Gestalt? Am besten vom Ende her, antwortet Regisseur Ken Russel, weil sich der Sinn nicht vom Anfang, sondern immer nur vom Ende her erschließt. So wird Mahlers Leben in Rückblenden präsentiert, während der bereits todkranke Meiser im Präsenz seine letzte Zugreise von Paris nach Wien absolviert. Der cholerische Vater, die liebevolle aber schwache Mutter, der ungleiche Bruder, der wahnsinnige Hugo Wolf und die Konversion zum Katholizismus ziehen am Zuschauer als wechselnde Szenen vorüber, bis die spannungsreiche Ehe von Gustav und Alma Mahler immer mehr in den Vordergrund rückt. Wie es sich für eine Musikerbiographie gehört, kommt dabei auch Musik reichlich zu ihrem Recht, kolossal und subtil zugleich eingespielt vom Concertgebow-Orchester und der Leitung von Bernhard Haitink. Die Sequenz, in der der Zuschauer Gustav Mahler bei der Komposition der vierten Sinfonie in seinem Komponierhäuschen in den Alpen zusehen kann, gehören für mich zu den gelungensten Musikfilmpassagen überhaupt, und die Visualisieurng des Finalsatzes der 3. Sinfonie durch  finde ich schlichtweg genial.
Ob der Regisseur allerdings gut beraten war, Alma Mahler so ausführlich als Widerpart Gustav Mahler so deutlich herauszustellen, wird man im Hinblick auf ihre marginale Bedeutung für Werk und Musik des Meisters bezweifeln können. Auch die im Film entfaltete Romanze Almas mit einem schmucken Offizier hat nichts Historisches, in Wahrheit lebte Alma Mahler im Todesjahr Gustav Mahlers bereits mit dem Architekten Walter Gropius in einem ehebrecherischen Verhältnis. Vollkommen missglückt sind die postmodernen Collagen, in denen Russel die Konversion des Juden Mahlers zum Christentum mit Nazisymbolik unterlegt. Hier verwirrt der Film mehr, als er erklärt.
Alles in allem handelt es sich um einen opulenten Musikfilm, der die bekanntesten Passagen des Mahlerschen Werkes eindrucksvoll visualisiert. Ideal geeignet auch als Einstieg für diejenigen, die von Gustav Mahler noch niemals etwas gehört haben. Leider ist dieser Film in den letzten Jahren nur zweimal im Fernsehen gelaufen und auf dem DVD Markt nicht in deutscher Fassung zu erhalten.

Kommentar verfassen