Es hat mich immer schon interessiert, warum dieses Buch als fester Bestandteil des gymnasialen Englischunterrichts gilt Nach der Lektüre kannte ich die beiden Gründe: zunächst die umgangssprachliche Einfachheit des Textes, der in der Fremdsprache sicher einfacher zu lösen sein wird als Shakespeare oder Updike – dann die Story, denn das ganze Buch beschreibt eigentlich nichts anderes als die Innenwelt und die Erlebnisse von Holden Cauwfield, einem pubertierenden Schülers, der einige Tage vor Weihnachten von der Schule geflogen ist und sich nun nicht recht heimtraut und seine Zeit mit Rumhängen, Rendevouz und Saufen vertrödelt. Der alterstypische Lebensüberdruss, der schnelle Wechsel von Euphorie und Depression, die Beliebigkeit der Urteile und die Bekanntschaft mit der rätselhaften Spezies der jungen Mädchen – das ganze emotionale Inventar des Frühadoleszenten bildet dabei das Unterfutter für die durch und durch witzigen Dialoge, der immerhin eines Gott sei Dank völlig abgeht, was die Entwicklungsliteratur sonst oft so schwer erträglich macht: Larmoyanz und Wehleidigkeit. Alles in allem eine Schullektüre, eine Trainingseinheit zur Vorbereitung auf die wirklichen Lektüren und Lektionen des Lebens. Das ist doch auch schon etwas.