Werner: Am Hang

„Es ist schön, sich an Schönes zu erinnern, nur geht das nicht ohne Pein, da man das Schöne nicht erinnern kann, ohne die Wunde zu spüren, die der Verlust geschlagen hat.“ Das ist nur eine der  Lebensweisheiten, mit denen der   Altphilologe Thomas Loos auf der Veranda eines Luxushotels in Montagnola den jungen Scheidungsanwalt  Clarin zutextet   Es ist Pfingsten, und eigentlich sollte der lebenslustige Scheidungsanwalt in seinem Ferienhaus  einen Fachartikel über regionale Unterschiede des schweizerischen Scheidungsrechtes verfassen, doch seines ehemalige Geliebte Valerie, der er eben in diesem Hotel  unjüngst den Laufpass gab, geht ihm nicht aus dem Kopf. So geraten Womanizer  Clarin und  Nörgler Loos schnell ins Plaudern über die Gott und die Welt, die Frauen im allgemeinen und ihre Liebsten im Besonderen, wobei sich bald Gemeinsamkeiten herausstellen, denn genau in der Zeit, als der Womanizer Clarin die Romanze mit seiner verflossenen Valerie durchlebte, verstarb Bettina Loos, die Frau des nunmehr vollkommen vereinsamten Alten im gleichen Hotel. Das ist zwar traurig, bietet aber Stoff für weitere Erörterungen, die sich tagelang hinziehen und in  deren Verlauf  Loos  verstorbene Bettina als eine Traumehefrau  sondergleichen preist, als das Glück seines Lebens, demgegenüber der frauenverzehrende Scheidungsanwalt Clarin mit seinen One-Night-Stands a la Valerie doch nur eine arme Sau sei. So geht das hin und her, und man fragt sich bald, was denn das ganze soll, bis die Geschichte von Clarin und Loos, von Valerie und Bettina am Ende eine überraschende Wendung nimmt und auf ein Ergebnis zusteuert, das hier nicht verraten werden soll. Nur so viel: „In allen Lebensbereichen zeugt rasches Zur-Sache-Kommen und umstandsloser Vollzug von Verrohung. Allein das Zögern ist human,“ heißt es am Ende des Buches. Nach dieser Regel funktioniert auch das vorliegende Buches, das seinen Plot zunächst kaum merklich und am Ende überraschend und eindringlich entfaltet. Ein gelungener Text, – gut geeignet für ein Wochenende nach dem Ende einer Liebe.

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