Ich vermute, dass der zeitweise fast vergessene amerikanische Romancier Richard Yates in wenigen Jahrzehnten zu den herausragenden Autoren des 20. Jahrhunderts gezählt werden wird – auf Augenhöhe mit Philipp Roth, John Updike oder Richard Ford. Genaugenommen ist Yates in gewisser Weise sogar einer ihrer Wegbereiter, was Richard Ford anlässlich einer Neuausgabe der Yates-Werke vor kurzem selbst zugegeben hat. Dass Yates zu Lebzeiten mit Ausnahme zweier Bücher („Revolutionary Road“ und „Easter Parade“) die gebührende Anerkennung letztlich versagt geblieben ist, hat mit dem literarischen Zeitgeschmack, aber auch persönlichen Problemen zu tun, vor allem einer verhängnisvollen Alkoholabhängigkeit, die den Autor zeitlebens begleitete und sein künstlerisches und privates Leben zerrüttete.
Umso interessanter liest sich das vorliegende Buch „Eine strahlende Zukunft“, das zum Zeitpunkt seines Erscheinens kaum beachtet wurde, heute aber fast wie eine literarische und persönliche Lebensbeichte des Autors gelesen werden kann. „Eine strahlende Zukunft“ besitzt alles, was auch in „Revolutionary Road“ und „Easter Parade“ anzutreffen ist, ergänzt durch unübersehbare autobiografische Bezüge, die allerdings im Buch auf mehrere Personen verteilt sind. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Lyriker Michael, der auf eine „strahlende Zukunft“ als Autor setzt. Was aber, wenn sich die Erwartungen nicht erfüllen? Wenn die Selbstüberschätzung an der Realität scheitert? Richard Yates, der trotz seiner herausragenden Begabung gescheitert ist, hat diese Erfahrungen durchleben müssen und in dem vorliegenden Roman als Sozialdrama breit entfaltet. Genutzt hat es ihm nichts, fast vergessen ist er im Jahre 1992 gestorben. Seine Renaissance begann erst nach seinem Tod.
Das Buch selbst liest sich von der ersten bis zur letzten Seite wie aus einem Guss. Es besitzt eine unangestrengte sprachliche Eleganz, mit der der Autor buchstäblich alles auf eine Weise erzählen kann, die den Leser fesselt. „Den Meister erkennet man daran, dass er Schwieriges einfach aussehen lässt“, heißt es an einer Stelle am Beginn des Buches, und genauso verhält es sich auch mit dem vorliegenden Roman. Eine komplexe und verschachtelte Geschichte entfaltet sich vor den Augen des Lesers scheinbar leicht und schwerelos, als wäre es die einfachste Sache der Welt. Dabei geht es inhaltlich um schwere Kaliber, um die Entstehung von Literatur, um Selbstüberschätzung, Verwahrlosung, soziales Mimikry und die innere Fragilität aller Bindungen – kurz: um das schmerzhafte Unterfutter des Sozialen, in dem wir alle leben müssen. Zweifelllos ist Yates in diesem Unterfutter gescheitert. Umso unglaublicher, wie analytisch, messerscharf und sogar unterhaltsam er diese urbane Welt moderner Monaden beschreibt.